Kolsai-Seen oder warum man nicht immer Wegstreckenangaben trauen sollte

Kasachstan, das unbekannte Land im Herzen von Asien, war einer der denkwürdigsten Reisen, die wir gemeinsam unternommen hatten. Dort ist auch der Kaindy-See im Kolsai Nationalpark, der wegen seinen versteinerten Bäumen zu den magischsten Orten der Welt zählt. Meine Frau fand einen Touranbieter, der einen Besuch organisierte und gleichzeitig noch 2 andere Seen im Programm hatte. Alles war inklusive, der Transport zu dem  Nationalpark mit Bus und die Übernachtung in einem Bergdorf. Essen sollte auch dabei sein. Auf dem Internetauftritt war zu lesen, dass an einem Tag eine Wanderung zu den Kolsai-Seen vorgenommen wird und am 2. Tag der Kaindy-See besucht wird. Und die Strecke zwischen den Kolsai-Seen beträgt ja laut Homepage lächerliche 5 km. Als Intervall-Jogger waren 5 km für uns natürlich lachhaft und wir buchten den Trip. 5 km, was für ein Witz! Und etwas Bewegung würde uns nach den anstrengenden Besuchen bei den kasachischen Teilen der Familie meiner Frau gut tun. 

Am Abreisetag stiegen wir abends in den Bus und wurden von einer Russin auf Russisch (logischerweise) begrüßt. Übrigens kommt man in Kasachstan mit Kasachisch oder Russisch sehr weit, mit anderen Sprachen nicht! Ankunft war geplant um 2 Uhr Nachts im Dorf, es wurde 5 Uhr als wir im Bett lagen, aber nur kurz. Um 7 Uhr standen wir wieder auf. Es gab Frühstück. Wir waren erledigt, aber es sind ja nur 5 km!

Im Bus zu dem ersten See erklärte unsere Reiseleiterin, dass es 2 Touren gebe. Einmal für nicht so Sportliche um einen See herum mit unserer russischen Reiseleiterin. Und eine 2. Tour mit einem Jungspund von 20 Jahren. In unserer jugendlichen Arroganz kam für uns nur die Tour in Frage. Man lief von einem zu dem anderen See, mitten durch die schöne kasachische Natur und es waren ja nur 8 km! 8 Km? Auf der Homepage stand was anderes, aber na ja, 8 km gehen schon. Also insgesamt 16 km hin und zurück. Das machen wir schon mal an einem Städtereisetag. 

Also ging es los, die Strecke ist wirklich schön und der erste See wirklich sehenswert. Kristallklares Wasser, in das man am liebsten reinspringen möchte, wenn es nicht verboten und saukalt wäre. Die Wandergruppe war relativ groß und anfangs kamen wir auf dem schmalen Weg nicht gut voran, aber im Laufe der Kilometer entzerrte es sich etwas. In der Sonne war es warm, im Schatten kühl. Da wir uns mitten im Frühling befanden, war alles sehr grün. Kolsai 1 liegt ca. auf 1800m über dem Meeresspiegel. Kolsai 2 auf ca. 2250m. 400 Höhenmeter mussten also überwunden werden.

Nachdem wir ca. 3 Stunden durch die herrlich grüne Natur gewandert waren und aus einer Kombination aus Schlafmangel und spärlichen Frühstück schon etwas erschöpft waren, sammelte sich wie eine Massenkarambolage unsere wanderlustige Gruppe. So warteten wir am Fuße eines Abhangs auf das was geschehen sollte. Unser Jungspund erklärte uns nach 3 Stunden Wanderung, dass wir nur noch 20 min vor uns hätten. Und dass wir 400m Höhenmeter überwinden müssen. Klingt einfach, dauerte aber 1:30 Stunden. Den Weg mussten wir hochkrabbeln. Unser Reiseleiter machte diese Touren übrigens jedes Wochenende. Zum Spaß.

Einige ersparten sich letzteres. Denn ein paar von den Dorfbewohnern verdienen sich ein Zubrot damit, erschöpfte Touristen nach der Hintour, auf dem Pferd zurückzubringen. Wir entschieden uns dagegen! Irgendwann kamen wir wieder an und waren todmüde. In der Herberge, wo die Betten durchgelegen waren, gibt es kein fließendes Wasser. Wir fragten, ob wir ein Bottich bekommen könnten, es kam nichts. Fazit: Man kann sich auch mit Feuchttücher waschen!

PS: Am nächsten Tag ging es zum Kaindy-See. Es ist wirklich magisch, aber das Wetter war Scheiße. Und glücklicherweise ging es abends zurück. Zwei Tage ohne Dusche, einen Donnerbalken und zu viele gelaufene Kilometer! Auf der Rückfahrt wurde uns erklärt, dass wir zwischen 20-24 km gelaufen sind. Man hätte auf Google nochmal nachgemessen! Ich bin bloß kein Wanderer oder gar eine Bergziege!

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